Ohne verführerische Inszenierungen des weiblichen Körpers wären wir bestimmt schon längst ausgestorben. Sind sie doch dazu da um männlichem Tatendrang auf die Sprünge zu helfen, und anschwellend in die Höhe zu treiben. Zum Zugriff lockendes Fleisch ließ auch schon immer künstlerische und poetische Adern anschwellen. Vor allem dem Busen sind in in männlich-abendländischer Malerei und Dichtkunst Altäre errichtet worden. Kleinlaut und eher kaplanhaft wirkt im Vergleich dazu das Gerede der Dichter vom “Schoß” ihrer Lichtblicke. Und vom Hintern der Angebeteten wird höchstens andeutungsweise gesprochen. Es wäre ja auch als befremdend empfunden worden, wenn Hölderlin den Popo seiner Diotima lyrisch angehimmelt hätte.
Jedoch ist dem Hintern unbedingt der Rang einer erotischen Ikone zuzusprechen. Es sieht sogar ganz danach aus, als ob viel mehr noch als schöne Busen pralle Pobacken Männerherzen
schneller schlagen lassen. Der Aufenthalt in einem Straßencafe ist bestens geeignet um sich von der effektvollen Signalwirkung strammer Hintern ein Bild zu machen. Aufmerksamen Beobachtern wird nicht entgehen, dass an solchen Orten professionell anmutende Hintern-Einschätzungen betrieben werden. Schon der erste Blick auf eine näher kommende und Interesse weckende Frau ist von angespannter Erwartung geprägt. Dahingehend, ob der nun kurz bevorstehende Blick aufs Hinterteil jene Versprechungen einlöst, welche die Vorderansicht in Aussicht zu stellen scheint. Geht der vagabundierende Blick auf Gesicht, Busen und Beine noch in einer betont unauffälligen, zwanglos zurücklehnenden Körperhaltung vonstatten, richtet sich bei anschließender Beurteilung des Hinterns wie zur Bestätigung erhöhter Konzentration der Oberkörper auf.
Wo Sitte und Lebensart es zulassen, suchen bei solchen Gelegenheiten die Augen versonnener Männer einander, um den mitreißenden Reiz des vorbeiwandelnden Hinterfleischs fachmännisch bestätigt zu bekommen. Wie in einer eingeschworenen Gemeinschaft wahrer Kenner wird dabei mit bedächtigem Kopfnicken, anerkennend herabgezogenen Mundwinkeln, genießerischem Schnalzen mit der Zunge, oder auch mit einem leisen, langegezogenen Pfiff die Bewunderung geteilt. In Lokalen mit Stammkundschaft kann dabei eine regelrechte Arschparadenstimmung aufkommen. Mir ist ein Kellner in Erinnerung, der plötzlich sein Tun unterbrechen konnte, um mit demonstrativ weit aufgerissenen Augen dem Objekt der allgemeinen Aufmerksamkeit hinterher zu starren. Zur Gaudi seiner Gäste ging der Mann den Frauen gelegentlich auch in der Pose eines Schlafwandlers einige Schritte hinterher.
Bei all dem ist allerdings rätselhaft weshalb Männer so ungestüm auf ein weibliches Körperteil abfahren, das sie selbst besitzen. Handelt es sich bei den eben beobachteten Männern vielleicht um eine Truppe verkappter Homosexueller? Feministinnen dürften geneigt sein dieser Vermutung vorbehaltlos zuzustimmen. Immerhin steht außer Zweifel, dass die Lümmel im Cafe von einem Körperteil hingerissen sind, das von weiblichen Neigungen aus gesehen zwar wohl manchmal, keineswegs aber ständig die hauptsächliche Quelle fürs sexuelle Genießen des
Mannes sein soll. Aber gerade so, als ob er eben nur diese und keine andere Funktion hätte, wird der Popo präsentiert. Eine herausragende Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang dem hinteren Oberteil der Jeans zu. Das ja sowohl stützend als auch formend die Funktion eines von hinten sichtbaren Büstenhalters für Popobacken erfüllt. Hinten gut weggekommene Mädchen waren sich übrigens schon im klassischen Altertum der magnetischen Anziehungskraft ihrer Gesäße bewusst. Das geht aus einem bewegenden Popo-Märchen hervor, bei dem die eben observierten Männer ergriffen zuhören und glänzende Augen bekommen würden.
Venus Kallipygos – Die Göttin mit dem schönen Arsch
Es war einmal ein armer Bauer, der hatte zwei schöne Töchter im besten heiratsfähigen Alter. Diese stritten unablässig darüber, wer von ihnen am schönsten wäre. Um das ein für alle mal zu klären, begaben sie sich eines Tages auf einen Weg, der über einen Hügel hinweg in eine nahe gelegene Stadt führte. Oben auf dem Hügel stellten sie sich nebeneinander an den Wegesrand und entblößten für daherkommende Männer ihre Hintern. So geschah es, dass ein Jüngling von vornehmer Herkunft im Verlauf eingehender Vergleiche der Faszination des Popos der Älteren erlag. Wieder zu Hause erzählte er seinem Bruder von den beiden auf dem Hügel. Der begab sich schnellstens dorthin, wobei es ihm bei seinen Popostudien der Hintern der Jüngeren nachhaltig antat.
Von nun an waren die Jünglinge von einem unbezähmbaren Verlangen nach den Popos ergriffen. Ihr Vater, dem reiche Schwiegertöchter lieber gewesen wären, gab dem hartnäckigen Drängen seiner Söhne aber schließlich nach und vermählte sie mit den Mädchen. Woraufhin sie bald als die beiden Kallipygoi (Schönärsche) genannt wurden. Was sie jedoch keineswegs verdrieste. Im Gegenteil, da sie durch ihre Heirat, die sie ja nichts anderem als nur ihren Popos zu verdanken hatten, glücklich in den Besitz eines großen Vermögens gekommen waren, ließen sie als Zeichen
ihrer Dankbarkeit ein Heiligtum errichten, das sie einer bis dahin noch unbekannten Göttin weihten: der Venus mit dem schönen Arsch. Eine Marmoskulptur aus dem Altertum, die Venus Kallipygos, die aufgrund ihres schwungvoll gemeißeltem Hinterteils diesen Namen verdient, steht im Nationalmuseum von Neapel.
Bemerkenswert an diesem Popomärchen ist die Gleichsetzung von weiblicher Schönheit mit ästhetisch-erotischen Attraktionswerten des weiblichen Hinterns. Freilich ging es den Mädchen nicht darum, unter möglichst optimalen Wettbewerbsbedingungen das schönste Gesäß ermitteln zu lassen. Vielmehr offerierten sie ihre gewiss schönen Popos als attraktive Tauschwerte. Die sie aus naheliegenden Gründen so gewinnbringend wie möglich an den Mann brachten. Das Wertvollste was sie besaßen, werden sie bestimmt nicht dem erstbesten Ziegenhirten oder daherstolpernden Soldaten angeboten haben. Dass damals von allen weiblichen Reizen die hinteren als die schönsten und verführerischsten galten sollte nicht erstaunen. Waren doch jene Männer, die als Hervorbringer der abendländischen Kultur und Zivilisation gewürdigt werden, bekennende Homosexuelle mit ausgeprägten pädophilen Neigungen. Die zwischen Männern und Knaben infragekommende Liebespraxis war auch
zwischen Männern und Frauen üblich. Wie auf zahlreichen Vasenbildern zu sehen ist, beugten sich Frauen vornüber und boten so dem hinter ihnen stehenden Mann das bezorzugte Körperteil an.
Popovirtuosität als Mittel zur Wertschöpfung
Der Bekanntheitsgrad des Arschs ist so gespalten wie seine Form. Als Aussscheidungsorgan für das Wertloseste was es gibt, wird er gleichzeitig als Allerwertester bezeichnet. Nicht ohne Grund. Können doch besonders bemerkenswerte Exemplare der Allerwertesten, wie eben ersichtlich wurde, als Schlüssel zu materiellen Werten dienen. Mittels einer Beherrschung spezieller Popo-Techniken wird freilich ein zusätzlicher Attraktionswert geschaffen. der während der Renaissance durch ein Höchstmaß an Können zustande kam. Die Renaissance war ja das Zeitalter eines Spezialistentums, das sich der wissenschaftlich-künstlerischen Durchdringung von Mensch und Natur verschrieben hatte. Dieses hohe Ideal war auch mit der Berufsauffassung damaliger Sexarbeiterinnen kompatibel. Die in der Venezianischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts dank ihrer Popovirtuosität zu hohem sozialen Ansehen und wirtschaftlichem Wohlstand gelangten. So wie heute, um ein entgegengesetztes Beispiel zu nennen, ein guter Kicker das Publikum durch die Berrschung seiner Techniken beherrscht, regierten Kurtisanen mittels einer imponierenden Beherrschung ihrer Hintern über den Geldbeutel der Kunden.
Ein zuverlässiger Gewährsmann für diesen Sachverhalt ist Pietro Aretino (1492 – 1556), der am am Hof von Papst Leo X so etwas wie ein Vorläufer moderner Klatschreporter war. Seine Insiderkenntnisse verdankte er den Kurtisanen, die ihm ihre beruflichen Tricks anvertrauten. Stolz verkündet da etwa eine gewisse Antonia:
Nun will ich dir sagen, dass zwei stramme Popobacken mehr vermögen als alle Philosophen, Astrologen, Alchimisten und Nekromaten, die je auf der Welt waren. Ich probierte soviel Kräuter wie auf zwei Wiesen wachsen, und soviel Worte wie auf zehn Märkten geschwätzt werden, und vermochte doch nicht einem das Herz zu rühren…Und dann machte ich ihn mit einer einzigen Bewegung meiner Hinterbacken so bestialisch verrückt nach mir, dass… (Die Gespräche des göttlichen Pietro Aretino)
Obwohl sich Aretino bei einem Lachanfall das Genick gebrochen haben soll, sind derartige Begebenheiten aus dem Berufsalltag nicht hinter vorgehaltener Hand dahergekichert, sondern wie geglückte Ausführungen künstlerischer Raffininessen dargelegt.
Die modernen, wenngleich nur noch unbeholfen künstelnden Nachläuferinnen dieser Popo-Großmeisterinnen, sind ausgebeutete Girls, die dem Publikum ihre Hintern zukehrend an Stangen tanzen. Grundsätzlich aber herrscht auch heute für Werbezwecke eine hohe Nachfrage nach besonders strammen Popos. Ambitionierte junge Damen haben daher die Möglichkeit, mit ihren
Hintern viel Geld zu machen und dabei vielleicht auch den Mann fürs Leben zu finden. Allerdings muss nach der Maxime: “ohne Fleiß kein Preis” lange und hart dafür gearbeitet werden. Ein Workout für den Knacke-Po scheint ebenso anspruchsvoll wie jeder seriöse Trainingsplan für den Marathon zu sein. Nur eben, dass sich mit einem überzeugenden Popo mehr verdienen lässt als mit Bestzeiten beim Marathon. Was im Hinblick auf einen alljährlich in Brasilien stattfindenden Popowettbewerb bestätigt werden kann. Bei dem unter jungen Damen mit ohnehin schon vorbildlich modellierten Hintern die sogenannte Miss BumBum ermittelt wird. Das Wort, mit dem in Brasilien der Hintern bezeichnet wird. Die überglückliche Gewinnerin von 2020 war übrigens eine gewisse Suzy Cortez. Die ein ordentliches Preisgeld, einen Modelvertrag und, wie zu vermuten ist, jede Menge Heiratsanträge von reichen Männern erhalten hat.