Und sauft euch satt in Blut! Und wenn sie winselnd auf den Knien liegen, und zitternd um Gnade schrein, lasst nicht des Mitleids feige Stimme siegen, stoßt ohn’ Erbarmen drein! 

Theodor Körner (1791 – 1813)

Lang lebe die Gewalt gegen alles was unser Leben hässlich macht! T. Marinetti (1876 – 1944)

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Darf  Terrorismus mit Kunst in Verbindung gebracht werden?

Über Gegenwartskunst wird oft sehr emotional gesprochen. Besonders dann, wenn Dinge und Ereignisse mit Kunst in Verbindung gebracht werden, die gängigen Vorstellungen zufolge wirklich nichts mit Kunst zu tun haben. Allerdings ist Kunst seit jeher schon in vielerlei Hinsicht mit allem verwoben, was zum menschlichen Leben gehört. Das ohne Sterben und Tod nicht vorstellbar wäre. Diese schrecklichen Dinge des Lebens sind untrennbar mit Perspektiven ästhetischer Art und Bedeutung verknüpft. So dass sich eine befremdende, ja sogar fürcherliche Frage stellt. Und zwar die, ob es möglicherweise eine Kunstrichtung gibt, die ins Leben eingreift, indem sie Sterben und Tod zu ihrem Werk macht? Eine Kunst am Menschen, als Kunst des Totmachens?

Ein solcher Blickwinkel muss in vorherrschenden Sichtweisen als moralisch verwerflich erscheinen. Dennoch ist es sehr wohl möglich das vordergründige Anliegen von Terroristen: nämlich aufmerksamkeitsheischendes Töten, im Zusammenhang mit auf ästhetischen Theoriebildungen zu besprechen. Diese Vorgehensweise mag nicht zuletzt auch deshalb hochgezogene Augenbrauen bewirken, weil Ästhetik gelegentlich als die Lehre vom Schönen bezeichnet wird. Und weil  zerfetzte, blutüberströmte Opfer von Terroranschlägen gemeinhin nicht als schön empfunden werden, müssen ästhetische Blickwinkel reichlich deplatziert wirken. Nun bedeutet aber Ästhetik (aisthesis) wörtlich die Lehre von der Wahrnehmung, bzw. der sinnlichen Erkenntnis oder Anschauung. Demnach ist restlos alles was auf dieser Welt unsere Sinne berührt, erfreut, abstumpft oder aufwühlt, also auch Sterben und Tod, dem Phänomenbereich des Ästhetischen zuzuordnen.

Es liegt daher in der Natur der Sache, dass in entsprechenden Blickwinkeln Berührungspunkte zwischen Kunstschaffen und Terroranschlägen sichtbar werden. Man darf sich dabei auch gerne daran erinnern, dass die italienischen Futuristen den Krieg als avantgardistisches Todesfest verklärten.

Was aber genau ist Terrorismus? Das kommt darauf an wen man fragt. Die Antworten reichen dabei von “Scheiße” bis “Heilige Pflicht”. Man tut gut daran vor einer seriösen Beschäftigung mit dem Thema sich darüber im klaren zu sein, dass es den Terrorismus gar nicht gibt, sondern viele unterschiedliche Terrorismen. Terrorismus wird heute oftmals als selbstmörderisches Verhalten von Wahnsinnigen abgetan. Terror (lat. Schrecken) ist aber, auch wenn manchmal tatsächlich Wahnsinnige am Werk sind, zunächst einmal nichts anderes als eine bestimmte Art des Totmachens.

Maschinengewehrfeuer, Blut, Bomben, Tote, berstendes Glas, Geschrei, Polizei mit schwarzen Sturmmasken, Sirenengeheul usw. verleiten zur Annahme, dass Terrorismus in der westlichen Welt, auch die sogenannten “Mass Shootings” in den USA gehören dazu, etwas mit Gesellschaft, Politik oder religiösem Fanatismus zu tun. Ein Annahme, die nicht zuletzt auch durch das ewige Alahu Akbar Geschrei bei Anschlägen islamistischer Terroristen gestützt wird.

Für den Islam töten Muslime aber nicht. Der Titel des Buchs in der Hand dieser Dame beruht auf einem Irrtum. Terroristen, egal welcher Herkunft und Nationalität sind bestimmt nicht Hochbegabte. Sie sind allerdings auch nicht so dumm und weltfremd um auch nur eine Sekunde lang ernsthaft zu glauben, mit ihren Anschlägen irgendwelche ideologischen oder religiös angehauchten Ziele verfolgen zu können. Mehr noch, Terroristen haben überhaupt keine Ziele. 

Töten ist das einzige was Terroristen wollen! Und sonst gar nichts. Hinsichtlich islamistischer Terroristen ist es eine beinahe romantische Vorstellung zu glauben, sie würden beim kürbiskernkauenden Bombenbasteln hin und wieder zustimmungsheischend zu Allah schielen. Aber aufgrund welcher Beweggründe werden dann Terroranschläge verübt? Dafür gibt es eine unbequeme Antwort. Terroristen, egal welcher Nationalität, politischer Wahnvorstellung oder Religionszugehörigkeit, töten weil sie hassen. Es ist ein Hass, der als rasendes Ekelgefühl in Menschen hochkocht, die vor dem Hintergrund ihrer eigenen sozialen, ästhetischen und weltanschaulichen Standards andere als unannehmbar hässlich empfinden. Was im Hinblick auf amerikanische Verhältnisse besonders deutlich sichtbar wird.

 

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Vom Serial Killer zum “Lone Wolf “Terroristen  –  Ein Strukturwandel des amerikanischen Totmachens

Im Gegensatz zu “normalen” Mördern, die untertauchen und mit oft beträchtlichem Aufwand gesucht werden müssen, betreiben Terroristen bei ihren Anschlägen eine Art von theatralisch anmutender Selbstdarstellung. Die in den meisten Fällen den eigenen Tod als tödliche Waffe aufmerksamkeitsheischend miteinschließt. Ein vergleichender Hinblick auf “normale” Mörder ist insofern aufschlussreich, weil jedem Mord irgendein Anlass vorangeht. Und vor allem das Motiv fließt ja später vor Gericht in die Bemessung der Strafe ein. Interessanterweise murksen aber Serienmörder, von triebbedingten Motiven abgesehen, ihre Opfer aus Spaß an der Sache einfach nur so zum Zeitvertreib ab.

Bei nüchterner Betrachtung ist jedoch das Ausfindigmachen immer neuer Opfer, sie zu quälen und umzubringen, und anschließend die Leichen irgendwo abzulegen oder zu zerstückeln, auf die Dauer mit viel “Arbeit” verbunden. Bei der Hände und Kleidung schmutzig werden. Zu all dem kommt auch der Stress im Zusammenhang mit Spurenbeseitigung und ständigen Vorsichtsmaßnahmen hinzu. Die zu ergreifen es gilt um so lange wie möglich der Festnahme zu entgehen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass potentielle amerikanische Serienmörder dazu übergegangen sind ihre Mörderei zu “rationalisieren”.

Rationalisierung bedeutet wörtlich etwas “vernünftiger” zu machen als es vorher getan wurde. Und da kann es im Blickfeld einer pervertierten Vernunft naheliegend sein, serielles Morden, gewissermaßen im Zeitraffer, von Anfang an mit dem Sturmgewehr zu erledigen. Statt nach jeder Leiche im Keller immer wieder von vorne anfangen zu müssen. Diese mörderische Prozessoptimierung bietet überdies auch den Vorteil eine mit Sicherheit zu erwartende Todesstrafe vorwegzunehmen. Indem im Verlauf des Anschlags darauf hingezielt wird, entweder alles im Kugelhagel der Polizei, oder mit einem Schuss in den Mund enden zu lassen. .

Dazu passt, dass jene fürchterlichen amerikanischen Serial Killer, die bis in die 90er Jahre hinein regelmäßig Schlagzeilen machten, Leute wie beispielsweise der “Killer Clown” John Wayne Gacy Jr., “Night Stalker” Richard Ramirez, oder Jeffrey Dahmer, das “Monster von Milwaukee”, heute regelrecht ausgestorben zu sein scheinen. Statt dessen erfährt man nunmehr ständig von Männern, die, weil sie die Magazine ihrer Gewehre auf Menschenmengen abfeuern, als “mass shooter” bezeichnet werden. Das sind sie tatsächlich. Allerdings in ihrer Eigenschaft als “Lone Wolf” Terroristen. Die so wie alle anderen Terroristen den allergrößten Wert auf Öffentlichkeitswirksamkeit legen.

 

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Die öffentlichkeitswirksame Darbietung von Kunst und Terroranschlag als verfahrenstechnischer Selbstzweck

Die bisherigen Andeutungen müssen genügen um den Umstand hervorzuheben, dass Terroristen ein “Verfahren” anstreben, das geeignet ist die Intensität der Wahrnehmung ihrer Anschläge mit Hilfe der Medien zu steigern. Wobei eine erste annähernde Verbindung zur Kunst erkennbar wird. Das Verfahren der Kunst, sagt Viktor Sklovskij, dient dem Wahrnehmungsprozess. Die Schwierigkeit und Länge der Wahrnehmung zu steigern, wäre in der Kunst Selbstzweck. Nur in diesem, und keinem anderen Zusammenhang ist Stockhausens Aussage zutreffend, dass die 9/11 Anschläge das größte Kunstwerk aller Zeiten sind.

Alles was wir Menschen tun wird ohnehin immer nur getan, um von anderen wahrgenommen zu werden. Wir blicken nicht in den Spiegel um uns zu sehen, sondern um zu sehen wie andere uns sehen. Daher sind auch künstlerische Verfahrensweisen  einzig und allein dem Selbstzweck untergeordnet, beim Publikum eine Wahrnehmung des geschaffenen Werks hervorzubringen. Wie ja auch dem Wunsch Künstler zu werden die nicht unbegründete Sorge vorangeht, als anonyme graue Maus von nebenan vom gesellschaftlichen Mausgrau verschluckt zu werden.

Grundsätzlich sind Künstler und Terroristen mit ihren Werken und Anschlägen gleichermaßen bemüht gegen ein am Selbstwertgefühl nagendes Wahrnehmungsdefizit anzukämpfen. Übrigens empfand ja auch Gott die Aussicht als trostlos, immerzu nur als Geist und ohne Publikum über dem Wasser zu schweben. Gott musste deshalb bekanntlich “schöpferisch” tätig werden.

Aus einem Wahrnehmungsdefizit sind schließlich auch die unzähligen Kunstgattungen hervorgegangen, die, angefangen bei so schönen Dingen wie der Liebeskunst, der ars amatoria, oder der Kochkunst, sich bis hin zur Brutalität der Kriegskunst erstrecken. Es gibt eigentlich keinen Bereich des menschlichen Daseins, dem sich nicht eine Kunstgattung angenommen hätte. Wenn man nun abschließend bemerkt, daß der Tod unauflöslich mit dem Leben verbunden ist, und das Sterben zu den Kunstgattungen gehört, kommt wiederum der Terrorismus ins Blickfeld.

Wir wollen zwar alle leben, jedoch scheinen die meisten von uns nicht richtig leben zu können. Weil das schon immer so war hat die “Kunst des Lebens” es sich zur Aufgabe gemacht, allen mehr schlecht als recht durchs Leben Stolpernden daseinstechnisch unter die Arme zu greifen. Und weil Sterben das einzige ist was wir alle wirklich müssen, ist die Sterbekunst als Teil der Lebenskunst eine Daseinstechnik zum Umgang mit dem Tod. Sie ist seit dem Altertum danach bestrebt aus dem Sterbenmüssen ein Sterbenkönnen zu machen. 

Allerdings ist es ihr einstweilen noch nicht vergönnt größere Bevölkerungsschichten zu erreichen. Findet doch das Sterben weitgehend in verschwiegenen Gebäuden statt, in denen an schon leblos daliegenden Körpern im Namen einer absurden Ethik ein medikamentöses, bzw. apparatemedizinisches Verrecken vollstreckt wird. Im Gegensatz zu diesem grauenhaften Zustand stehen an erster Stelle jene großen Sterbekunstszenen, die von einem beeindruckend gekonnten “Hinübergehen” des Sokrates und von Jesus berichten.

Und damit zum Punkt. Nicht immer, aber doch häufig, ändern Terroristen bei ihren Anschlägen das unausweichliche Schicksal ihres ohnehin einmal Sterbenmüssen, in ein vorgezogenes Sterbenwollen um. Trotz aller gebotener Zurückhaltung kann nicht verschwiegen werden, dass Gegenwarts-Terrorismus Formen des Könnens beinhaltet. Nicht zuletzt im Hinblick auf gekonnte Gemetzel-Inszenierungen für die Medien. In deren Verlauf aus Freude am Töten der unerschrockene Wille zum eigenen Tod, als eine Sonderform des Sterbenkönnens, zum Mittel des Tötenkönnens umfunktioniert wird.